Analoge Spiele in der Soziokultur

Gemeinschaft leben
Spielen ist ein Medium par excellence für die Soziokultur: Spielen verbindet Bildung und Unterhaltung, aktiviert, fördert Kreativität, soziale Zusammenhänge und kognitive Fähigkeiten. Spielen ermöglicht mit niedrigschwelligem Zugang Partizipation und Teilhabe für viele Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft. Deshalb nutzen soziokulturelle Zentren und Initiativen das Medium Spiel in ihrem Anspruch, gesellschaftsgestaltend zu wirken, und unterschiedliche, auch schwer erreichbare Zielgruppen anzusprechen.

Soziokultur entwickelte sich seit Ende der 1970er-Jahre als programmatische Bezeichnung für Diskurse, Inhalte, Praxis- und Organisationsformen, die gesellschaftliches Leben und kulturellen Ausdruck aufeinander beziehen. Interkulturell, generationen- und spartenübergreifend schafft die Soziokultur kulturell-künstlerische Angebote und fördert kulturelle Kompetenz und kreative Eigentätigkeit. Etwa 16 Millionen Menschen jährlich besuchen soziokulturelle Einrichtungen, erleben Kultur und Kunst und werden selbst aktiv.

Mit Slogans wie „Weekly Go game night. Open for everyone.” „Keiner spielt mit mir… Na, das muss nicht so sein!“ oder „Die Kunst zu spielen“ laden soziokulturelle Zentren und Initiativen bundesweit regelmäßig auch zu Spieleabenden ein. Ob Karten- oder Brettspiel, Spieljunkie oder Neuling – es zählen Freude, Spannung und das Erlebnis der Gemeinschaft. Dabei findet jedes Haus sein eigenes Format. Dass Spieleabende Zugehörigkeit vermitteln, spielt gerade in der Kulturarbeit mit Älteren eine Rolle, zum Beispiel in der Fürther Südstadt. Der Nachbarschaftskreis Hannover Mitte wiederum unterstützt Geflüchtete vor Ort. Ihnen ermöglicht die Spielebene, ihre eigene Kultur einzubringen. Im E-Werk in Erlangen hat sich bereits eine Tradition herausgebildet: Hunderte Spiele stehen regelmäßig zur Verfügung und die „Erlanger Spieletage“ finden in diesem Jahr bereits zum 37. Mal statt. In der Jugend- und Soziokulturvilla „Junge Linde“ in Einbeck steht das Miteinander der Generationen im Mittelpunkt: Hier spielen alle, Grundschulkinder ebenso wie Großeltern. Und in der Honigfabrik in Hamburg kann man in chilliger Atmosphäre neben neuen Spielen auch neue Leute kennenlernen. Sie alle zeigen: Indem Menschen spielend miteinander aktiv werden, entsteht Kommunikation, werden Offenheit und Toleranz gefördert – ein zentrales Anliegen soziokulturellen Engagements.

Potenziale entfalten
Aber soziokulturelle Einrichtungen wollen ihre Nutzer*innen auch anregen, ihr Lebensumfeld nachhaltig mitzugestalten – und dafür bietet die Entwicklung und Gestaltung eigener Spiele, von Brett- und Kartenspielen bis zu hybriden Formaten, ein besonderes Potenzial. Im Hinblick auf ein gemeinschaftliches Ergebnis lassen sich soziale Prozesse und fachliches Wissen, strategisches Denken und kreative Fähigkeiten besonders gut verknüpfen. Bezüge zur eigenen Lebenswelt, zur Geschichte und zum Quartier oder persönliche Erfahrungen, können eingebracht werden. So haben Künstler*innen des Blaumeier-Ateliers in Bremen das Kartenspiel „Affe & co. – a la carte“ entwickelt, ein Skatblatt mit eigenen Kindheitshelden und Spielgefährten, manuell gedruckt. Auch in der Museumswerkstatt der Spiefa, einer ehemaligen Spielkartenfabrik in Stralsund, gestalten Kinder und Jugendliche Memorys und Spielkarten.

Partizipation ermöglichen
Aber auch in der Lebens- und Arbeitswelt insgesamt gewinnt das Spielen an Bedeutung. In viele Bereiche der Soziokultur fließen Elemente ein. In diesem Zusammenhang widmete sich das Kulturzentrum Pavillon in Hannover in den Projekten „Pavillon Prison Break“ sowie „[K]amification – Games für Kultur, Kultur für Games“ der Frage, welche Potenziale die Prozesse der Gamification für die soziokulturelle Praxis in sich bergen. Dabei wird das Spiel wie Kunst, Musik, Theater, Film etc. als Mittel zum Zweck gesehen: auf partizipative Weise partizipative Angebote zu erstellen. Neue Wege für den homo ludens.

Text: Ute Fürstenberg, Redaktion SOZIOkultur, Bundesverband Soziokultur

Wir danken herzlich für diese interessante Übersicht und verweisen in diesem Zusammenhang auch auf den Artikel in Politik & Kultur "Brettspielend demokratiefähig werden"

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